Mörder Kaspar Brand (UA)

Oper von
Anno Schreier

Libretto von
Philipp J. Neumann

frei nach Motiven von
Edgar Allan Poe

Ein Auftragswerk der 
Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorf

Infos zur Inszenierung

Auszug aus dem 1. Bild des Opernlibrettos Mörder Kaspar Brand

1. SZENE
Ein Abend im Jahr 1975, im Salon privé des Restaurants La Fidélité vor der Eröffnung desselben am nächsten Tag. Der Raum ist noch ungeschmückt, die Beleuchtung trüb. Überall auf dem Boden stehen Kisten mit Girlanden und Zierwerk, an einer Wand fällt eine große Standuhr ins Auge. MORITZ SANDELMANN, Inhaber zahlloser Restaurants, ist zu Gast bei seinem Geschäftskollegen KASPAR BRAND. Man hat es sich in einer Loungeecke gemütlich gemacht. Die Stimmung ist heiter. Brand schenkt Sandelmann einen erstklassigen Wein nach dem anderen ein. Sandelmann ist bereits angetrunken und erzählt euphorisch eine Erfolgsgeschichte, so wie er das wohl des Öfteren gern tut.

SANDELMANN
Ich! Ich, lieber Brand! Ich schaffte die größte Beute und keiner dieser eifrigen Waldburschen. Beharrlichkeit wächst eben nicht auf Bäumen.

BRAND
Wie Recht du hast.

SANDELMANN
Ich warte also. Geduldig, wie es meine Art mir erlaubt. Der Fleckschuss stimmt. Ich bin bereit. Drei Stunden verhalte ich mich still. Dann erscheinen gleich zwei! Voilà, mein Instinkt zahlt sich aus.

Ich beobachte die Beiden, im Streite beschäftigt. Sie wittern mich nicht, sind geil von der Brunft. Der Alte, ein prächtiger Zehnender, gefordert vom Heißsporn. Sie keilen und haken, sie stoßen mit Wucht, wie Kolben krachen die Geweihe. Es ist ein ungleicher Kampf. Der Junge, in Kräften unterlegen, ist doch starrköpfig und wild. Er lässt nicht ab. Das Erbgut muss gestreut werden, so zwingt ihn die Natur. Doch nur einer kann siegen, nur einer das Weibchen bepaaren, nur einer…

BRAND
…wärst du nicht auf Pirsch!

SANDELMANN
Tout à fait! – Ich bin wachsam. Ich will den rechten Moment abmessen, will sie ermüdet sehen… Und so kommt es. Ich drücke den Abzug, das junge, mutige Tier stürzt tot zu Boden… Der Alte, schwach von der Wehr, kommt selbst (/selber) nicht weit. Die Flucht kürz ich ab!

BRAND
Waidmanns Heil!

SANDELMANN
Albernes Geschwätz! Geduld und zwei Schuss. Mehr brauchte ich nicht… Ich kann dir sagen, Brand: es gibt den dritten, der sich freut!

BRAND (etwas zerknirscht)
Nun, von Erfolg lässt sich reden.

SANDELMANN
Sei nicht betrübt, lieber Freund. Du kommst schon wieder auf die Beine.

BRAND
Dank deiner Almosen.

SANDELMANN
Kredit! Kredit, lieber Brand. Unter Freunden. Kaum der Rede wert, die Summe.

BRAND
Für dich nicht, gewiss… und welchem Etablissement hast du die „Hörner aufgesetzt“?

SANDELMANN
Im Hunter’s Hollow. Wo sonst?

BRAND
Wo sonst. 

SANDELMANN
Sie prangen über dem Eingang zur private Lounge. Gleich neben den antlers from Brooke’s Range.

BRAND (ironisch, für sich)
Wo sonst.
(erhebt sein Glas)
Also dann: Auf die erfolgreiche Jagd!

SANDELMANN
Nein, nein. Auf deine Eröffnung, morgen Abend!
Sandelmann leert sein Glas. Brand trinkt nicht.

(Ende des Auszugs)

„Große Gefühle zwischen Zirkusglanz und Mörderseele“ 

Westdeutsche Zeitung, Juni 2012 

„Bewegende Uraufführung von Anno Schreiers Mörder Kaspar Brand in Düsseldorf. […] Das ist fantastisch und handfest. Gleiches gilt für Neumanns Inszenierung, der als magisches Bild für den zerrütteten Geisteszustand Kaspar Brands eine Zirkusarena nutzt und Bilder von irrlichternder Normalität und bestürzender Wahnsinnigkeit kreiierte.“

Badische Neueste Nachrichten, Juni 2012

„Neumann, der auch als Regisseur und Szenograf der Uraufführung in der ehemaligen Paketpost am Düsseldorfer Hauptbahnhof ist, lässt Schattenspiel, archaische Tiersymbole und einen Pantomimen auffahren und übersetzt geschickt die schnellen Schnitte der Handlung.“

Opernwelt, August 2012

„Ausgezeichnet Neumanns Personenführung in und um das Kreisrund der Arena. […] So darf man den kurzen Abend an der kleinen Spielstätte sehr wohl als gelungenen Einstand desse bezeichnen, was die Deutsche Oper am Rhein als Uraufführungsserie angekündigt hat.“ 

opernnetz.de, Juni 2012

„Es ist eine grausige, aber durchaus plausible Geschichte, die Librettist Philipp J. Neumann da auftischt. Abgesehen von einigen gestelzten Formulierungen ist eine spannende Opernvorlage entstanden.“ 

Theater Pur, Juni 2012