Songs for Swinging Lovers (UA)

Ein Tanzstück von
Mirko Mahr

nach einem Libretto von
Philipp J. Neumann

Staatstheater Cottbus

Choreographie: Mirko Mahr / Musikalische Leitung: Frank Bernard / Bühne: Hans-Holger Schmidt / Kostüme: Sven Bindseil / Dramaturgie: Dr. Carola Böhnisch / Tänzer: Jennifer Hebekerl, Inmaculada Marín López, Denise Ruddock, Venira Welijan, István Farkas, Aslanbek Kotsoev, Marek Ludwisiak, Christian Schreier, Dirk Neumann, Thomas E. Fletcher / Heiko Walter (Gesang), Frank Bernard (Klavier), Frank Zocher (Kontrabass), Reinhart Wronna (Schlagzeug)

Songs for Swinging Lovers zeigt das Verlockende, das Widersprüchliche, das Verrückte eines außergewöhnlichen Menschen, eines Menschen, der Frank Sinatra sein könnte. Das Tanzstück entzaubert diesen großen Künstler nicht, sondern versucht mit den Mitteln des Tanzes, der Schauspielerei und des Gesangs seinen Mythos zu mehren!

Auszug aus dem Libretto zu Songs for Swinging Lovers

F. ABSTURZ
Die ausgelassene Atmosphäre ist gekippt. Frank beginnt eine Hasstirade, befeuert durch seinen übertriebenen Alkoholkonsum. Er pöbelt seine Gäste an oder beschimpft einzelne mit Namen seiner größten Pressewidersacher. Es entsteht ein Handgemenge zwischen Frank und den Männern, vor dem die Damen, schutzsuchend zurück weichen. Einige von ihnen ziehen sich aus Angst ihre Mäntel über. 

FRANK
Schreibt nur, schreibt nur! Ihr abgefackten Idioten! Schreibt euren Dreck!…  „Der ist unten, ganz unten“, ja doch! „Comeback ausgeschlossen!“, ja, doch! Singt euren Schmierenchor! Graham, Hopper, Parsons! Euch ist doch scheißegal, dass jeder mal ein Tief hat, jeder mal unten ist. Scheißegal! Hauptsache euer Müll wird gelesen! Und geglaubt. Von allen!… Eccles, du dumme Sau! Hätt’ besser zielen sollen, mit meinem Wagen… und Mortimer! Ha, Mortimer, du agitatorische Aas. „Hört auf, seine Schallplatten zu kaufen!“ Nur Scheiß hast du geschrieben. Wenn du noch am Leben wärst, ich würd’ dir wieder die Fresse polieren! Arrogantes Schwein… 

Während Frank sich schreiend verausgabt, beginnt die Band den Song „Something Stupid“ zu spielen. Frank setzt nicht mit dem Gesangspart ein, sondern fährt mit seiner Schimpftirade fort. Die Musiker spielen den Song instrumental zu Ende, der zynische Soundtrack zur Szene! 

16. SOMETHING STUPID
(nur instrumental, Kontrabass übernimmt den Gitarrenpart, vielleicht sogar wie eine Gitarre gespielt!)

Inzwischen hat sich Frank aus dem Handgemenge gelöst. Hinter seinem Rücken gelingt es den Damen, auf charmante Art die Herren zu beruhigen. Im starken Kontrast zu Franks immer wilderen Ausführungen, beginnen die Tänzer der Schönheit der Musik zu folgen. Sie tanzen paarweise. Schließlich sind sie so stark in der Musik versunken, dass sie den Chorpart des Songs („I love you“) singen.

FRANK (ohne Pause fortfahren)
…Und was brüllen sie, wenn man wieder da ist? Wenn man’s wieder geschafft hat? Aus eigener Kraft, raus aus dem verdammten Loch? Bekommt man dann Applaus? Oder Anerkennung? Liest man irgendwo Begeisterung? Nein! Im Gegenteil. Dann geht der Wahnsinn erst richtig los! Dann heißt’s, Lucky Luciano hat’s gerichtet… So ist das. Hast du Erfolg, hängen sie dir die Mafia an. Hast du ne soziale Meinung, dann bist du Kommunist. Das ist Hirnschiss! Hirnschiss reaktionärer Arschlöcher!… Nach oben neiden, nach unten treten. Beschränktes Pack! Lästern immer, wissen immer genau, wie es war, wer es war, wer Schuld hat!

Frank greift zu einer halb vollen Scotch-Flasche, die irgendwo herumsteht und nimmt – ganz entgegen seiner Art – einen Schluck direkt aus der Flasche.

Den Schwarzen geht’s nicht anders. Oder den Indios, Mexikaner, den Chinesen. Immer drauf auf die anderen, die Einwanderer, die Schwachen! Eine rassistische Drecksscheiße ist das!… Und wer das ändern will, wird abgeknallt!… JFK! Bobby, Martin… Ja, die hatten das Herz am richtigen Fleck. So wie ich… 

Vielleicht bewerbe ich mich mal um die Präsidentschaft. Das ist es! Überall würd‘ ich Werbetafeln aufstellen lassen mit meinem Wahlspruch: „Ich brauch ’ne Pulle, nur ’ne kleine, dann bring ich Amerika auf die Beine.“ Das ist es! Ich würd’ das Oval Office in eine riesige Bar verwandeln, mit Flaschen die ganze Wand entlang… und in den Gängen würd’ ich einarmige Banditen aufstellen. Das gäb’ eine Party, Alter! …

Frank ist immer lauter geworden, hat sich schreiend verausgabt, packt nun aber, ohne zu pausieren, seine Wut in die Singstimme und beendet den Song mit einem ruppigen:

I love you! 

(Ende des Auszugs)

Aufführungsdaten und Tickets
Trailer

„Wütend verruchte Tanzshow!“ 

Märkischer Bote, Februar 2012

„Sympathisch an dem verdichteten, sinnlich erfahrbaren Schicksalsmoment einer Nacht […] ist besonders die Art, wie sich das Geschehen quasi um die Sinatra-Songs rankt. […] Und sie geben in Text und Stimmung der Szene Struktur, klingen noch intensiv nach, wenn die Aufführung längst zu Ende ist.“ 

Lausitzer Rundschau, Februar 2012

„Mirko Mahr, Ballettdirektor der Leipziger Musikalischen Komödie seit 2005, und Librettist Philipp J. Neumann, ebenso Leipziger, schaffen Sinatra einen exklusiven Club. […] Kurz gefasste Lebensdaten und –vermutungen, Liebschaften, mafiöse Verstrickungen, Investitionen in Las Vegas und anderes mehr lesen sich in Lexika wie der Plot zu einem Thriller. Daraus kann man einen Dokumentar-Abend machen. Doch das war hier nicht gefragt. Lediglich achtköpfig ist das Ballett des Cottbuser Theaters, und das sollte zum swingen gebracht werden. Und das ist den Tänzern und Musikern voller Power gelungen! Ohne Video-Einspiele und Original-Kult.“  

Leipziger Internetzeitung, März 2012